Streit zwischen Nachbarn: Schatten durch Bäume unzumutbar

Eine Frau klagte ihre Nachbarn, weil die hohen Zypressen am Grundstück ihre gesamte Wohnung beschatteten. Der Oberste Gerichtshof urteilte: Sie muss die intensive Beschattung nicht hinnehmen, obwohl die Pflanzen gesetzt wurden, bevor die gesetzliche Regelung über das Verbot unzumutbaren Lichtentzugs in Kraft getreten ist.

Die Klägerin erbte 2010 eine Eigentumswohnung einer Gegend, in der Ein- und Zweifamilienhäuser umgeben von Gärten und Wohnhausanlagen stehen. Auf ihrem Nachbars-Grundstück befanden sich entlang der Grundgrenze miteinander verwachsene Zypressen, die 1980 gepflanzt wurden, mittlerweile zwischen 15 und 18 Meter hoch waren und den Eindruck eines Waldes erweckten. In der gesamten Umgebung fand sich keine vergleichbare Baumreihe.

Wohnung und Terrasse beschattet

Das Problem der Wohnungseigentümerin: Die Baumreihe sorgte im Frühling und Sommer ab 15 Uhr für Schatten, im Herbst und Winter waren auch sämtliche Fenster beschattet. Dadurch musste bereits am Nachmittag künstliches Licht verwendet werden. Auch die Terrasse konnte kaum benutzt werden, da wegen der Bäume keine Sonne durchdrang. Aus diesen Gründen klagte die Frau die Besitzer des Nachbargrundstücks.

Lichtentzug ab 15 Uhr unzumutbar

Erst- und Berufungsgericht gaben der Klägerin Recht. Die Beklagten müssen durch geeignete baumpflegerische Maßnahmen die Immissionen durch den Lichtentzug beseitigen, soweit sie das ortsübliche Ausmaß übersteigen und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung führen. Für die Klägerin sei es unzumutbar, dass ihre Wohnung ab 15 Uhr bis zum Sonnenuntergang durch die Bäume beschattet wird.

Baum-Höhe bei Einzug unerheblich

Der OGH (1Ob84/16h) sah keinen Anlass, dieses Urteil abzuändern. Darauf, ob die Zypressen vor oder nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung über das Verbot unzumutbaren Lichtentzugs gepflanzt wurden, komme es nicht an – denn das Gesetz siehe eine solche Einschränkung nicht vor. Es sei auch unerheblich, dass die Klägerin erst zu einem Zeitpunkt die Wohnung bekommen hatte, als die Bäume bereits eine erhebliche Höhe erreicht hatten.

Einerseits habe sie sich die Wohnumgebung nicht ausgesucht, sondern das Eigentum geerbt. Andererseits wäre es schwer zu begründen, warum sich die Rechtsposition der beeinträchtigenden Nachbarn durch den Eigentümerwechsel verbessern sollte. Soweit schon der Rechtsvorgänger der Klägerin bestimmte Einwirkungen von der Nachbarliegenschaft als ortsunüblich untersagen hätte können, müsse auch dem Einzelrechtsnachfolger ein Unterlassungsanspruch zustehen.